Hinweis

Für dieses multimediale Reportage-Format nutzen wir neben Texten und Fotos auch Audios und Videos. Daher sollten die Lautsprecher des Systems eingeschaltet sein.

Mit dem Mausrad oder den Pfeiltasten auf der Tastatur wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.

Durch Wischen wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.

Los geht's

Max Reger sucht seinen Weg

Logo https://aski.pageflow.io/mri-rom

Alle Wege führen nach Rom






Zum Anfang
Zum Anfang
Ab Oktober 1906 hat Max Reger einen Kompositionsschüler aus Italien: Alberto Savinio wurde von seinem Turiner Lehrer Edoardo Sacerdote zu Reger geschickt, den er als „Secondo Bach“ bezeichnete. Der 15-jährige Savinio mochte den Unterricht mit den vielen Fugenaufgaben nicht. Sein älterer Bruder, der Maler Giorgio de Chirico, profitierte allerdings von den Stunden bei Reger: Während Alberto sich am Klavier abmühte, entdeckte Giorgio eine Mappe mit Reproduktionen des Malers Arnold Böcklin. Die Bilder beeindruckten ihn, und er nahm für sein späteres Werk stärkere Anregungen mit als sein komponierender Bruder.
Zum Anfang
Nach oben scrollen
Nach links scrollen
Nach rechts scrollen
Nach unten scrollen

Arnold Böcklin

Alberto Savinio

Giorgio de Chirico

Max Reger

Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Seit November 1911 ist Max Reger Hofkapellmeister in Meiningen. Hier arbeitet er täglich mit dem Orchester. In nur zweieinhalb Jahren schreibt er sechs große Orchesterwerke. Er meidet die Sinfonie und sucht außermusikalische Inspiration in der Dichtung, der Tradition des Barockkonzerts, der Malerei.

Im Sommer 1912 entstehen die Vier Tondichtungen nach Arnold Böcklin op. 128. Es ist eine große, viersätzige Orchester-Suite, mit der Reger seine Instrumentierungskunst beweist. 


Was Reger an Herzog Georg II. von Meiningen schreibt, hören Sie durch Klicken auf den Pfeil am unteren Bildschirmrand.








Audio öffnen

Zum Anfang
0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Arnold Böcklins Gemälde Der geigende Eremit hatte Reger schon seit 1905 als Reproduktion über seinem Schreibtisch hängen. Der einsam musizierende Mönch, der sich ganz in seine Klänge vertieft hat und fernab der realen Welt zu sein scheint, muss den Komponisten fasziniert haben. Die Solo-Violine klingt zunächst wie eine direkte Vertonung dessen, was der Mönch zu spielen scheint. Doch setzt Reger vielmehr die zwischen Realität und Traum sich bewegende Stimmung in Musik um. Schon in der Bleistiftskizze zu diesem Satz schreibt er fünfzig Mal die Spielanweisung „Mit Dämpfer“ beziehungsweise „Ohne Dämpfer“ für die ersten und zweiten Geigen. Es handelt sich nicht um Tonmalerei, sondern Reger erfindet ein eigenes, klingendes Stimmungsbild.

Audio öffnen

Zum Anfang
0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Der Satz Im Spiel der Wellen kann in der viersätzigen Suite als Scherzo gedeutet werden. Die Musik klingt vorantreibend: Wogende Wellen und spritzende Schaumkronen erklingen, dazwischen tauchen die sagenhaften Meeresbewohner elegant ab oder erfreuen sich an der Urgewalt des Wassers. Während seiner Sommerurlaube in Kolberg ging Reger selbst gern in der Ostsee schwimmen. Schon zu Regers Lebzeiten fertigte Wilhelm Thielmann eine Karikatur dieses Böcklinschen Gemäldes mit dem Kopf des Komponisten darauf an; sie ist leider nicht erhalten.

Audio öffnen

Zum Anfang
0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Arnold Böcklin sagte über die Wirkung seines Gemäldes Die Toteninsel: „Es soll so still werden, dass man erschrickt, wenn an die Türe gepocht wird.“ Gerade diese gemalte Stille muss viele Komponisten herausgefordert haben, sie auch in Musik auszudrücken. Doch nicht nur die Stille des glatten Wassers und der düsteren Insel mit ihren kalten Felsen sind hier zu sehen; das Gemälde hat auch eine beklemmende Sogwirkung. Der Kahn, der den Toten ins Ungewisse bringt, nimmt auch den Betrachter mit.
Zu den Komponisten, die Die Toteninsel vertont haben, zählen Hans Huber (1900), Sergej Rachmaninow (1909) und Felix Woyrsch (1910).

Audio öffnen

Zum Anfang
0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Böcklins Gemälde „Das Bacchantenfest“ zeigt ein Ritual, das im antiken Rom zu Ehren des Weingottes Dionysos gefeiert wurde. Die Bacchanten tanzen manisch im Rausch, sie schlagen aufs Tamburin, alles ist wild, erhitzt und ausgelassen. Während der Wein noch fließt, ist manch einer schon umgekippt. Die Gewänder leuchten in starken Farben. Regers Musik zum Bacchanal sprüht vor Energie. Es klingelt die Triangel, es donnern die Pauken, die Klarinetten scheinen zu torkeln, und schnelle Tremoli in den Streichern bringen die rauschhaft taumelnde Bewegung zum Ausdruck. Mit den Mitteln des romantischen Sinfonieorchesters schafft Reger ein für ihn typisches Klanggemälde, geprägt von skurrilem Humor.

Audio öffnen

Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Max Reger verfolgt keinen vorgezeichneten Weg. Er lässt viele Wege gelten, ist ein Stilpluralist. Sein Rom ist das emphatische, persönliche, einmalige Kunstwerk.

Dass er unbeirrbar seinen eigenen Weg geht und sich anders als die anderen fühlt, schreibt Reger auch im Jahr 1913. 
 

Audio öffnen

Zum Anfang

Vollbild
"Alle Wege führen nach Rom" ist ein Gemeinschaftsprojekt des Arbeitskreises selbständiger Kultur-Institute e.V. - AsKI, gefördert aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien

Der Beitrag "Max Reger sucht seinen Weg" ist eine Produktion des Max-Reger-Instituts / Elsa-Reger-Stiftung, Karlsruhe

  • Redaktion: David Koch und Almut Ochsmann
  • Redaktionelle Mitarbeit: Franz Fechner und Dr. Jessica Popp
  • Interviewpartner: Dr. Alexander Becker, Max-Reger-Institut Karlsruhe
  • Illustrationen: Katja Saar
  • Sprecher: Filippo Quirico und Sebastian Reiß

Quellen
  • de Chirico, Giorgio: Monsieur Dudron, Autobiographischer Roman, Bern 2000
  • Max Reger. Briefwechsel mit Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen, herausgegeben von Hedwig und E. H. Müller von Asow, Weimar 1949
  • Meier-Graefe, Alfred Julius : Der Fall Böcklin und die Lehre von den Einheiten, Stuttgart 1905
  • Popp, Susanne: Max Reger. Werk statt Leben. Biographie, Wiesbaden 2015
  • Roos, Gerd: Giorgio de Chirico e Alberto Savinio, Ricordi e Documenti, Monaco, Milano, Firenze 1906-1911, Edizioni Bora, Bologna 1999 

Musik
  • Max Reger: Vier Tondichtungen nach A. Böcklin op. 128, Brandenburgisches Staatsorchester unter der Leitung von Ira Levin, Klaudyna Schulze-Broniewska (Violine), Aufnahme für den Film MAXIMUM REGER von Will Fraser, 2016, DVD No. 6, Fugue State Films FSFDVD011

Bilder
  • Arnold Böcklin: Der Einsiedler (1884, Öl auf Holz, 90 x 69 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie)
  • Arnold Böcklin: Im Spiel der Wellen (1885, Öl auf Leinwand, 180,5 x 238 cm, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek München)
  • Arnold Böcklin: Die Toteninsel (1883, Öl auf Holz, 80 x 150 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie)
  • Arnold Böcklin: Bacchanale (1885, Öl auf Holz, 64 x 107 cm, Privatbesitz Schweiz)  

Abbildungsnachweis

Hauptstrang
S. 1 (Titelbild), 17, 18: David Koch/Max-Reger-Institut,
S. 2, 3, 4, 6, 7, 9, 11, 13, 15: Katja Saar,
S. 5, 16, Videos: David Koch/Max-Reger-Institut,
S. 8: Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie,
S. 10: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek München,
S. 12: Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie,
S. 14: Privatbesitz Schweiz,

Erzählstränge  "Giorgio de Chirico" und "Alberto Savinio": Katja Saar
Erzählstrang "Max Reger": Max Reger Institut
Erzählstrang "Der Maler Arnold Böcklin": David Koch/Max-Reger-Institut

Ein herzlicher Dank an alle Kolleginnen und Kollegen des Max-Reger-Instituts für ihre hilfreiche Unterstützung und ihre fachkundigen Hinweise. Außerdem danken wir Assunta Piro-Krauth.

Max-Reger-Institut – Elsa-Reger-Stiftung
Pfinztalstraße 7
76227 Karlsruhe

Tel.: 0721-854501
info@max-reger-institut.de
www.max-reger-institut.de

Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute - AsKI e.V.
Prinz-Albert-Str. 34
53113 Bonn
Deutschland

Tel.: 0228-224859
info@wege-nach-rom.de
www.aski.org

Registergericht: Amtsgericht Bonn
Registernummer: 4840

Vertretungsberechtigter Vorstand:
Dr. Wolfgang Trautwein

Plattform der EU-Kommission zur Online-Streitbeilegung: https://ec.europa.eu/odr

Wir sind zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle weder verpflichtet noch bereit.
Schließen
Zum Anfang

Giorgio De Chirico

0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Girogio de Chirico, geboren 1888, gilt als Hauptvertreter der Metaphysischen Malerei. Eine Station seiner Ausbildung war die Königliche Akademie der Bildenden Künste in München, wo er von 1906 bis 1909 studierte. In den Münchner Kunstsammlungen beeindruckten ihn die Gemälde Arnold Böcklins und die Werke Max Klingers. Auch die Texte deutscher Philosophen wie Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche beeinflussten ihn. Ab 1911 verbrachte er ein paar Jahre in Paris, wo er in Kontakt mit Pablo Picasso und André Derain kam. 1915 zog er gemeinsam mit seinem Bruder Alberto Savinio wieder nach Italien. 1978 ist er in Rom gestorben. 

Überlegungen über Kunst von de Chiricos Alter Ego Monsieur Dudron hören Sie hier


Audio öffnen

Zum Anfang

Der geigende Eremit: kreativ gedacht

Reger an Herzog Georg II: "Geradezu überirdisch klingt der ‚geigende Eremit’, wo die zartesten, weichsten Farben mit alten Palestrinaharmonien ein ganz merkwürdiges Stimmungsbild geben"
Zum Anfang

Alberto Savinio

0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Andrea de Chirico, geboren 1891, veröffentlichte seine Werke ab 1914 unter dem Pseudonym Alberto Savinio. Er war ein italienischer Schriftsteller, Maler und Komponist. Nach dem Tode des Vaters zog die Familie im Jahr 1905 von Turin nach München, wo Savinio vier Jahre lang blieb, bevor er nach Paris ging. Dort wurde sein schriftstellerisches Werk von Avantgardisten wie Francis Picabia, Jean Cocteau und Guillaume Apollinaire beeinflusst. 1915 ging er gemeinsam mit seinem Bruder wieder zurück nach Italien. Seit 1935 lebte er in Rom und arbeitete als Journalist, Regisseur und Komponist.

Klicken Sie auf den Pfeil am unteren Bildschirmrand, um zu hören, was er über Reger sagt.

"Max Reger gab mir das Thema, über das ich die Fuge improvisierte. Aber was ist es für eine Freude, eine Fuge zu improvisieren vor einem Mann, der schläft, auch wenn dieser Mann der zweite Bach ist? Das war der erste Eindruck. Ich wusste noch nicht, dass der Schlaf für Max Reger ein ganz leichter Vorhang war, hinter dem er sich versteckte, um besser zu überwachen. Wehe, wenn in der Ausarbeitung der Fuge ihm etwas nicht passte. Dann riss er seine Augenlider auf und musterte mich mit stechendem Blick." 

Audio öffnen

Zum Anfang

Spiel der Wellen: Kreativ gedacht

"...sehr fein und fast ‚körperlos’ klingt im ‚Spiel der Wellen’." (Reger)
Zum Anfang

Max Reger

0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Max Regers Verehrung für den Maler Arnold Böcklin ist schon früh belegt. Im Dezember 1904 erklärte Reger den 3. Satz seines Streichquartetts d-moll op. 74 mit einem Hinweis auf Böcklins Gemälde Der geigende Eremit. Das Quartett gilt als eines seiner avantgardistischsten Werke, das auf der gleichen Höhe der Modernität steht wie Arnold Schönbergs Streichquartett d-moll op. 7. Reger widmete das Werk dem Münchner Bildhauer Theodor von Gosen, dem er zu dieser Zeit Modell saß für eine Büste aus Muschelkalk.

Durch Klicken auf den Pfeil am unteren Bildschirmrand hören Sie einen Ausschnitt einer Rezension des Kammermusikabends der Museums-Gesellschaft am 30. Dezember 1904 in Frankfurt am Main, aus: Kleine Presse Frankfurt am Main, 1. Januar 1905

Audio öffnen

Zum Anfang

Totenisnel: Kreativ gedacht

viele Komponisten haben die Toteninsel vertont
Zitat von Böcklin:
Zitat Reger: "In ‚der Toteninsel’ wechselt Öde, trostlose Verzweiflung mit rasenden Schmerzensausbrüchen – am Schlusse dann eine große Verklärung; merkwürdig, dass gerade diese schauerliche Musik auf das Publikum solch großen Eindruck machte. Das orchester in Essen spielte mit sichtbarlich großer Begeisterung und so ergab es eine ganz prachtvolle Aufführung."

Zum Anfang

Arnold Böcklin

0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Arnold Böcklin wurde 1827 in Basel geboren. Seine künstlerische Ausbildung führte ihn nach Deutschland, Belgien und in die Niederlande. Mit Anfang zwanzig reiste er nach Rom und arbeitete dort mit Unterbrechungen sieben Jahre lang. In dieser Zeit heiratete er Angela Pascucci, die oft sein Modell war.

Er lebte in Basel, München und später viele Jahre in Florenz, wo er die fünf Fassungen seines berühmten Bildes Die Toteninsel anfertigte. Nach einigen Jahren in Zürich kehrte er 1892 nach Italien zurück und starb 1901 in Fiesole.

Die Böcklin-Rezeption war lange Zeit von der Einschätzung des Kunsthistorikers Julius Meier-Graefe geprägt. Vier Jahre nach dem Tod des Malers stellte dieser ihn als veraltet dar und meinte, Böcklin verhindere den Durchbruch der Moderne.

Was Meier-Graefe über Böcklin geschrieben hat, hören Sie durch Klicken auf den Pfeil am unteren Bildschirmrand. 




Audio öffnen

Zum Anfang

Bacchanale: Kreativ gedacht

Zitat Reger: "Besonders gefielen ‚der geigende Eremit, im Spiel der Wellen u. die Toteninsel’, während ich so das Gefühl hatte, dass dem Publikum die Wildheit des Bacchanale, wo zum Schlusse alles in ärgstem Taumel ist, doch etwas ‚über die Köpfe weg ging.’ Ich gestehe sehr gerne zu, dass das Bacchanal ein Stück Musik ist, das an Wildheit, Taumel u. Dionysischer Laune seinesgleichen sucht. Ein Musiker machte die originelle Bemerkung: es käme ihm vor, als ob am Schlusse Vater Zeus mit seinen Göttern gar arg betrunken wäre. – In 20 Jahren wird man sich aber auch an dieses neueste meiner Verbrechen gewöhnt haben."

Zum Anfang
Scrollen, um weiterzulesen Wischen, um weiterzulesen
Wischen, um Text einzublenden